Die Reisen des Admiral Cannabis Folge 5: Die Wolkenkratzerbong Etwas leckt meine Wange. Ich zucke erschrocken zurück. Vor mir steht eines der berühmten Hanfwollschafe, für die die Provinz Rharb weltberühmt ist. Die ganze Düne ist von ihnen belagert. Am Ufer steht ein kleines Männlein und lächelt mich an. Ich stehe auf und packe mein Bündel. Der Mann kommt die Düne herauf. Mit seiner Rechten umklammert er den Knauf eines blitzenden Krummdolches. Ich gehe in die Offensive: "Òla, Lan. Willste kuffe oder was geht?". Der Mann hat aufgehört zu lächeln. Langsam kommt er näher. Mir wird das langsam zu blöd, so entschließe ich mich, meine Reise fortzusetzen. Gegen mittag erreiche ich Salé, eine kleine Küstensiedlung vor Rabat. Die flirrende Staubwolke, die über der Straße liegt, zeugt noch von dem geschäftigen Treiben, das sich hier noch vor zwei Stunden abspielte. Nun sind die Straßen leergefegt, die Leute halten ihre Siesta oder versammeln sich zum Rauchen und Diskutieren. Ich betrete eine kleine Herberge. Im Kolleg findet eine Geburtstagsfeier statt. Ein Waffeleisen lädt mich ein, der Gesellschaft beizuwohnen. Ritterlich stelle ich mich zu- nächst den anwesenden Damen vor, mich jedesmal der faszinierenden Schönheit dieser orientalischen Perlen versichernd. Zwei der Herren sind mir bekannt: Lord Donsworth, ehemaliger Flottenchef der britischen Pazifikverbände und langjähriger Anhänger ajurvedischer Numismatik, sowie Mahmoud El-Khaziz, Bonvivant und be- liebter Showmaster (er macht den marokkanischen "Gaudimax"). Die anderen Herren werden mir vorgestellt als Söhne, Anwälte, Berufssoldaten, Hanfbauern, Baseballspieler, Astronauten und gar Präsidenten. Gefeiert wird Sh´obi d´ou, der Salsakönig von Salé. Für einen 132jährigen wirkt er noch erstaunlich vital, er besteht sogar darauf, allein aufs Klo zu gehen. Als er zurückkommt, schnappt er die Bongos und seine Maultrommel und legt los. Ein feuriger Salsa fegt wie ein Wirbelsturm durch das Wirtshaus, es tanzt, wer noch stehen kann, der Rest hält die Blubs am Dampfen. Nach Einbruch der Dunkelheit verabschiede ich mich mit einer Achselfurzpolka und werde noch mit zahlreichen Naturalien überhäuft. Der kalte Wind des Atlantiks beschleunigt meine Schritte. Ich erreiche die Schnellstraße nach Marrakesch. Ein Lastwagenfahrer nimmt mich mit. Es wird schon hell, als wir in Marrakesch eintreffen. Die Megalopolis inmitten der kargen Hochebene am Fuße des Atlasgebirges glitzert im Frühtau. Zwei Meter Neuschnee verhindern die Weiterfahrt, so entschließe ich mich, in "Abduls Norwegian Petrol Drive In " eine Rast einzulegen. Ein bezauberndes junges Mädchen kümmert sich um mein Begehr. Ich schenke ihr ein witziges Augenzwinkern, sie belohnt mich mit ihrem glücklichen Lächeln und einem gezielten Fußtritt gegen meine Schläfe. Verdutzt bestelle ich ein Eisbein in Aspik, dazu ein Glas Most. Ein älterer Herr stürzt herbei, er stellt sich mir als Abdul M´Ah- Chalem vor, Pächter des Lokals und Vater der Braut. Heftig gestikulierend ringt er nach Entschuldigungen, mal auf arabisch, mal auf schwäbisch (Stockholm war über 60 Jahre seine Wahlheimat). Es bedarf meines ungeheuren Charisma, den Verzweifelten zur Raison zu bringen, und da mein Eisbein noch immer auf sich warten läßt, beginne ich langsam, ernsthaft böse zu werden. Glücklicherweise beruhigt sich Abdul, er verschwindet im Nebenraum. Nun kann ich endlich einmal meine Zahnzwischenräume ordentlich putzen, was ich schon seit Tagen vorhabe. Das Eisbein ist da. Es riecht wie frisch gepreßt. Die Kellnerin, es scheint die andere Tochter zu sein, langt auf einmal lasziv in meinen Kartoffelbrei und ver- teilt eine Handvoll mit langsamen Knetbewegungen in meinem Bart. An dieser Stelle möchte ich sagen, daß ich in meinen Jahren bei der Kaiserlichen Kriegsmarine ja wirklich schon viel erlebt habe, aber das geht wohl entschieden zu weit. Mit beiden Händen schöpfe ich Preiselbeerkompott aus der Schale und schütte es der Schaluppe ins Dekolleté, worauf diese mit einem hellen, winselnden Gelächter beginnt, zu applaudieren. Als ich von der Toilette komme, ist der Tisch bereits abgedeckt und sauber wie zuvor. Ein Mann setzt sich zu mir und beginnt auf mich in monotonen Brummellauten einzureden. Da taucht Maître Abdul auf und zerrt an meinem Ärmel, so daß ich beinahe von der Bank falle. Das Eisbein liegt mir doch relativ schwer im Magen. Nun erkenne ich den Grund seiner Tat: der pürreebesudelte Tisch steht nebenan. Ich setze mich wieder in die Siffe und trinke meinen Mokka, als der besorgte Wirt mit einem Sackkarren aus der Küche kommt, und vor meinem Tisch ein Monster von Blub ablädt. Das schätzungsweise 100 Liter fassende, bauchwandige Glasgefäß ist zu zwei Dritteln mit einer Mischung aus Trockeneis und Kokosmilch gefüllt, ein axial montierter Zweitakt-Außenbordmotor sorgt für die erforderliche Pumpkraft. Abdul fährt emsig mit den Vorbereitungen fort. Er zerreibt einen Zwanzig-Kilo-Sack Gras, mischt es mit einer Zigarette und füllt damit das salatschüsselgroße Shillum bis zum Rand. Nun wirft er den Motor an. Es knattert und stinkt ganz fürchterlich. Abdul versenkt seinen Kopf in einer Art gläserner Trockenhaube und inhaliert. Es muß eine Ewigkeit sein. Er macht das Ding ganz leer. Über dreißig Liter Hanfdampf verkleben seine Alveolen. Er schaut mich an, oder schaut er hindurch? Nun bin ich an der Reihe. Abdul versäumt es jedoch nicht, vorher das Eisbein abzukassieren. Er verabschiedet sich von mir und steckt meinen Kopf in die Megabong. Der Motor läuft auf 4000 rpm, dann 5000, schließlich 6000. Ich wehre mich und halte die Luft an. Ich will da raus, doch mein Kopf ist eingeklemmt in der gläsernen Kugel. Schließlich gebe ich auf und schnappe nach Luft, doch meine Lungen bekommen alles andere. Es ist ein Gefühl, als ob die Bronchien vom Tierpräparator mit Gras ausgestopft würden. Ich versuche zu husten, doch es bewegt sich nichts mehr. Ich gerate in Panik und hyperventiliere. Plötzlich taucht ein Kuhgesicht vor mir auf. Die Kuh summt eine traurige Ballade und lächelt mich traurig-wissend an. Dann wird es dunkel. Die Kuh leckt mir mit ihrer wulstigen Schlabberzunge über die Augendeckel. Ich stöhne, will sie verjagen, doch es gelingt mir keine Bewegung. Grelles Licht überzieht meine krustige Hornhaut. Es ist Beates Zunge. Wie an jedem Sonntagmorgen hat sie mich noch im Schlaf ans Bett gefesselt und leckt mir die Lider. Ich habe gelernt, mit diesem Wesenszug an ihr zu leben, denn im großen und ganzen ist sie eine sehr patente Frau. Ich wundere mich nur trotzdem ein wenig, wieder daheim im Sauerland zu sein. Eigentlich ist es schade, daß ich den Kongreß in Agadir nie erreicht habe. Doch tröstet mich die alte Volksweise, daß es daheim ja am schönsten ist, und so sacke ich glücklich zusammen und bin tot. (c)1996 Wildpop.de